29. März 2023 / Allgemeines

Jubelrufe und Fähnchen: Charles und Camilla in Berlin

Dem früheren Ruf, etwas steif und kauzig zu sein, wurde Charles III. nicht gerecht. Der neue britische König zeigte sich volksnah, freundlich und gut gelaunt.

König Charles III. von Großbritannien (2.v.r) und Königsgemahlin Camilla (2.v.l) werden am Brandenburger Tor von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender...
von Andreas Rabenstein und Silke Sullivan, dpa

Ausdauer und Geduld waren nötig. Viele Stunden warten Hunderte Bewunderer und Schaulustige am Mittwoch für einen persönlichen Blick auf den neuen britischen König Charles III. in Berlin. Manche Zuschauer hinter den Absperrungen am Brandenburger Tor tragen originelle Hüte, viele britische Fähnchen sind zu sehen. Pünktlich um 15.10 Uhr ist es dann so weit: Die Limousine mit Charles und seiner Frau Camilla stoppt, beide steigen aus. Kurz jubeln die Zuschauer, Applaus ist zu hören.

Charles trägt einen dunklen Mantel und blauweiße Krawatte, seine Frau einen Mantel in Hellblau mit einem türkisfarbenen Hut. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine ganz in Rot gekleidete Frau empfangen das Königspaar mit militärischen Ehren - erstmals bei einem Staatsbesuch am Brandenburger Tor. Das Stabsmusikkorps der Bundeswehr und das Wachbataillon stehen bereit, beide Nationalhymnen werden gespielt.

Händeschütteln am Brandenburger Tor

Wenige Minuten nach der Ankunft wendet sich das Königspaar den Menschen auf beiden Seiten des Pariser Platzes zu. Frühmorgens um 6.30 Uhr hatte eine Mutter mit ihrer erwachsenen Tochter den vordersten Platz in der Warteschlange an den Kontrollen besetzt, wie sie berichteten. Christoph Mühlbach (59) reiste mit dem Zug aus Hamburg an: «Ich habe am britischen Königshaus große Freude.»

Auf manche Zuschauer wartet eine kleine Enttäuschung. Charles und Camilla wählen getrennte Wege entlang der langen Absperrgitter, die eine Hälfte der Menschen bekommt nur den König aus der Nähe zu sehen, die andere Camilla. Aber beide schütteln Hände und wechseln immer wieder Worte. Charles lächelt entspannt, Camilla strahlt und lacht die Menschen an.

Länger bleibt der König am Anfang bei einer Gruppe von Schülerinnen stehen, gibt dann einigen jungen Männern die Hand und nimmt von anderen Tulpen entgegen. Zwischendurch bückt er sich, hebt eine heruntergefallene gelbe Schirmmütze auf und überreicht sie einem Besucher - der sichtlich überrascht wirkt. «Da hab' ich erst gesehen, dass ich die Mütze verloren hatte. Da hab ich Thank You gesagt, da ist er weiter gegangen», sagt der Besucher später und schwärmt: «Das war ganz toll. Jetzt kann ich mir meine Hand ewig nicht waschen. Die muss ich mir jetzt konservieren.»

Abfahrt zum Schloss Bellevue

Viele Besucher filmen mit ihren Handys, manche wissen nicht, ob sie den König direkt vor ihnen ansehen sollen oder ihr Display. Ganz so viele wie die angekündigten 1500 Menschen waren es nicht, nur einige Hundert Zuschauer wurden in den Sperrbereich gelassen. Um 15.30 Uhr steigt das Königspaar in die Limousine, ein kurzes Winken durch die Scheibe, dann Abfahrt zum Schloss Bellevue. Die Scharfschützen der Spezialeinsatzkommandos der Polizei verlassen die Dächer, der Polizei-Hubschrauber fliegt ab.

«Das war so toll», sagt Beate Henke ganz begeistert. Sie trägt eine blaue Kopfbedeckung und konnte kurz mit Charles reden. Als Geschenk überreichte sie ihm eine Tasse und ein Veilchen zum Einpflanzen. Charles sei erst irritiert gewesen, habe sich dann aber nach ihrem Gärtnern erkundigt. Auch Königs-Fan Christoph Mühlbach, der aus Hamburg anreiste, meinte: «Ich bin total froh, ich bin total glücklich.» Es sei «eine Krönung meines Lebenswerkes, jetzt dem Monarchen mal die Hand geschüttelt zu haben».

Sandra King ist mit ihren drei Söhnen dabei. «Sie haben ihn gesehen und sie haben ihm auch die Hand geschüttelt.» Zwei Söhne hätten Charles die Hand gegeben. «Ich habe das Foto gemacht.» Aber auch Camilla kommt gut an. «Beeindruckend, offenherzig und freundlich», sagt eine Frau. «So wie man sie kennt. Ich mag sie.» Etwas enttäuscht sei sie gewesen, Charles nicht begegnet zu sein, «weil er mein Lieblingskönig ist, mein Lieblingsmensch in dieser Familie».

Keine Probleme mit dem Füller

Der «Lieblingskönig» ging kurz darauf im Schloss Bellevue auf Nummer sicher. Zur Unterschrift im Gästebuch zog er einen eigenen Füller aus dem Anzug und schrieb damit seinen Namen. Im vergangenen Herbst hatte ihn in Nordirland ein auslaufender Füllfederhalter in Rage gebracht. Der Stift begann zu schmieren, Charles schimpfte: «Gott, ich hasse das» und fügte hinzu: «Ich kann dieses blöde Ding nicht ertragen (...) jedes verdammte Mal.» Diesmal ging alles glatt.

Steinmeier erwähnte in seiner Rede, dass erst in diesem Jahr die Bauarbeiten für das erste direkte Unterwasser-Stromkabel zwischen Deutschland und Großbritannien beginnen sollten. Zwei der größten Energiemärkte Europas seien dann verbunden, könnten Nachfrageschwankungen gegenseitig ausgleichen und auch Strom aus erneuerbaren Quellen einspeisen, sagt Steinmeier. «Für mich ist das ein ermutigendes Beispiel - wie auch Ihr Besuch in Deutschland, Majestät, eine Ermutigung ist.»

Am Abend wurden zum Staatsbankett im Schloss Bellevue prominente Gäste erwartet, darunter die früheren Bundespräsidenten Horst Köhler und Joachim Gauck und Altkanzlerin Angela Merkel. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte nicht zu, dafür aber Finanzminister Christian Lindner (FDP). Unter den erwarteten Gästen waren auch Stararchitekt David Chipperfield und Campino, Frontmann der Band Die Toten Hosen. Seine Mutter ist Engländerin, er selber hat einen britischen Pass.

Eine besondere Kleiderordnung gab es für die männlichen Teilnehmer. Normalerweise wird beim Staatsbankett Smoking empfohlen, diesmal lautet der Dresscode zu Ehren der Gäste Frack. Die Details des Vier-Gänge-Menüs wurden wie ein Geheimnis gehütet. Erst abends wurde bekannt, dass es unter anderem Karpfen, Weidehuhn und Backpflaume gab. Auch eine vegetarische Variante war geplant, in jedem Fall regional, saisonal und ökologisch. So, wie Charles III. es schätzt.


Bildnachweis: © Michael Kappeler/dpa
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