22. November 2021 / Allgemeines

Sachsen im «Wellenbrecher»: Droht die Triage?

Kein anderes Bundesland hat so hohe Corona-Infektionszahlen wie Sachsen. Die Trendwende sollen neue Einschränkungen des öffentlichen Lebens bringen. Doch reicht das? Einige rechnen mit dem Schlimmsten.

Ein Intensivtransportwagen der Dresdner Feuerwehr - die Fahrzeuge werden für die Verlegung von Corona-Patienten genutzt.
von André Jahnke und Corinna Schwanhold, dpa

Die Corona-Inzidenz nähert sich in Sachsen in großen Schritten der Marke von 1000, gut jede zehnte Schule ist wegen der hohen Infektionen inzwischen ganz oder zumindest teilweise geschlossen.

Um die dramatisch steigenden Fallzahlen in den Griff zu bekommen, befindet sich der Freistaat seit Montag im sogenannten «Wellenbrecher». Das öffentliche Leben ist besonders für Ungeimpfte eingeschränkt. Um Schlimmeres abzuwenden, könnte es aber schon zu spät sein, meint zumindest der Präsident der Landesärztekammer, Erik Bodendieck. Der Freistaat müsse sich auf eine Triage vorbereiten.

Dem Sender NDR Info sagte Bodendieck am Montag, es stünden im Freistaat nur noch wenige Betten auf den Intensivstationen zur Verfügung. Wenn sich daran nichts ändere, müsse über eine Auswahl nachgedacht werden, wer behandelt werde und wer nicht. «Wir müssen triagieren, und das werde ich diese Woche mit meinen Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken nochmal besprechen.» Triage bedeutet, dass Mediziner aufgrund von knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen.

Eine präventive Triage, also das Freihalten von Betten, sei rechtlich nicht möglich. «Für ungeimpfte Patientinnen und Patienten in einer Covid-Situation ist das in aller Regel nicht der Fall, dass sie eine Covid-Situation überstehen können», sagte Bodendieck. Sachsen sei in jedem Fall auf die Hilfe anderer Bundesländer angewiesen.

Die Krankenhausgesellschaft Sachsen (KHG) sieht indessen noch Spielraum bis zu einer möglichen Anwendung coronabedingter Triage in den Krankenhäusern des Freistaates. Unmittelbar stelle sich diese Frage noch nicht, sagte Friedrich R. München, stellvertretender Geschäftsführer der KHG, auf Anfrage.

Nach Darstellung von München befinde man sich derzeit noch in der Phase, Patienten zwischen den einzelnen Krankenhaus-Clustern sowie innerhalb des Kleeblattes mit den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu verlegen. Danach sei eine Verlegung etwa nach Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein eine Option: «Wenn das nicht mehr geht, haben wir ein Problem.»

Die Zahl der Corona-Infektionen ist im Freistaat noch einmal dramatisch in die Höhe geschnellt. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Montag einen Wert von 960,7, am Sonntag lag die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche noch bei 862,1. Das geht auch an den Schulen nicht vorbei. Gut elf Prozent der öffentlichen Schulen in Sachsen sind derzeit wegen hoher Corona-Fallzahlen vollständig oder teilweise geschlossen, wie aus einer Auflistung des Kultusministeriums hervorgeht.

Eine Wende soll der sogenannte «Wellenbrecher» bringen. Seit Montag sind alle Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Bars, Clubs und Diskotheken dicht. Abgesagt sind außerdem die Weihnachtsmärkte, Großveranstaltungen und andere Feste. Touristen dürfen nicht mehr übernachten und die Gastronomie darf nur noch zwischen 6.00 und 20.00 Uhr mit der 2G-Regel öffnen - Zutritt nur für Geimpfte und Genesene.

Darüber hinaus gelten in Corona-Hotspots zusätzliche Ausgangsbeschränkungen für ungeimpfte Menschen. Zurzeit überschreiten sieben sächsische Landkreise den Schwellenwert von 1000 - der Erzgebirgskreis gehört dazu. Laut Landratsamt treten dort am Dienstag Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte in Kraft.

Derweil melden die ersten Krankenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern ausgelastete Intensivstationen. Am Montagmorgen traf dies laut Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) auf vier Kliniken zu: das Kreiskrankenhaus Demmin, die KMG Klinik Boizenburg, das Krankenhaus Ludwigslust und das DRK-Krankenhaus Grevesmühlen. Weitere 14 Krankenhäuser meldeten nur noch begrenzte Kapazitäten.

An das Divi-Register melden aus dem Bundesland 32 Krankenhäuser ihre Intensivkapazitäten. Nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lagus) vom Sonntag liegen derzeit in Mecklenburg-Vorpommern 271 Patienten mit einer Covid-19-Erkrankung in Kliniken. Davon müssen 61 intensivmedizinisch behandelt werden.


Bildnachweis: © Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa
Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Ihre Nachrichten fehlen auf der Gütersloh App? 

Meistgelesene Artikel

Ostergebäck zum Vernaschen
Rezepte

Rezept für Quarkhasen

weiterlesen...
Die aktuelle Geschäftslage der Unternehmen im Kreis Gütersloh
Aufklärung

IHK-Umfrage: Wirtschaft im Kreis Gütersloh vor großen Herausforderungen

weiterlesen...

Neueste Artikel

Neue Leitung der Direktion Kriminalität der Kreispolizeibehörde Gütersloh - Landrat Sven-Georg Adenauer begrüßt Kriminaloberrat Marco Krause
Polizeimeldung

Über uns, Kriminalität Neue Leitung der Direktion Kriminalität der Kreispolizeibehörde Gütersloh - Landrat...

weiterlesen...
Länderübergreifende Verkehrssicherheitsaktion sicher.mobil.leben -
Polizeimeldung

Verkehr, Kriminalität Länderübergreifende Verkehrssicherheitsaktion sicher.mobil.leben -"Güterverkehr im Blick" -...

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Berichte: Mann schottischer Ex-Regierungschefin angeklagt
Allgemeines

Es geht um 660.000 Pfund Spendengelder, die verschwunden sind - und ausgerechnet der Ehemann der Ex-Regierungschefin Sturgeon steht unter Verdacht.

weiterlesen...
Messerangreifer verletzt zwei Grundschülerinnen im Elsass
Allgemeines

Schrecken in einem Ort bei Straßburg: Ein Angreifer verletzt zwei Grundschülerinnen mit einem Messer. Die Polizei nimmt den Mann fest, Hinweise auf eine Radikalisierung oder Terrorismus gibt es nicht.

weiterlesen...
ANZEIGE – Premiumpartner