2. November 2022 / Allgemeines

Bericht stellt sexistische Kultur bei Scotland Yard fest

Seit dem Mord an Sarah Everard durch einen Beamten ist das Vertrauen in die Londoner Polizei erschüttert. Ein Bericht konstatiert verwurzelte Frauenfeindlichkeit und Korruption. Bringt ein neuer Chef die Wende?

Polizisten bei einer Demonstration auf dem Londoner Trafalgar Square.
von Benedikt von Imhoff, dpa

Sie hat noch immer einen Ruf wie Donnerhall. Weltweit gilt Scotland Yard als Instanz für Aufklärung und Unbestechlichkeit - etwa wegen Jagden auf Mörder wie Jack the Ripper oder der Aufklärung des legendären Großen Postraubs. Doch die Realität sieht für die Metropolitan Police, wie die Londoner Polizei eigentlich heißt, ganz anders aus.

Vielmehr ist eine Kultur der Frauenfeindlichkeit und Korruption tief in der Polizei verwurzelt, wie ein am Mittwoch veröffentlichter Untersuchungsbericht der Aufsichtsbehörde HMICFRS ergeben hat. «Es ist zu einfach für die falschen Leute, der Polizei beizutreten und dort zu bleiben», sagt HMICFRS-Inspektor Matt Parr.

Das Vertrauen der Londoner in ihre Met ist in den vergangenen Jahren abgestürzt. Die Bobbys, so der freundliche Spitzname der britischen Schutzpolizisten, mit denen Touristen gerne posieren, stecken tief in der Krise.

Bessere Kontrollen vor der Einstellung

Negativer Höhepunkt war die Entführung, Vergewaltigung und Ermordung der Londonerin Sarah Everard im März 2021 durch einen Beamten, der für die Tat seinen Dienstausweis nutzte. Die Empörung war gewaltig, der Mann wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch in den Griff hat die Spitze ihre gut 30.000 Mitglieder bisher noch immer nicht bekommen.

Im Dezember erhielten zwei Polizisten Gefängnisstrafen, die Fotos von Leichen gemacht und in Chats geteilt hatten. Am Montag wurde ein Beamter zu 22 Monaten Haft verurteilt, weil er Geld aus einem abgegebenen Portemonnaie entwendet hatte.

Am Mittwoch werden nun zwei Männer - der eine aktiver, der andere ehemaliger Polizist - verurteilt. Sie hatten in einer Chat-Gruppe, zu der auch der Mörder von Sarah Everard gehörte, rassistische und frauenfeindliche Nachrichten ausgetauscht. Wären früher Maßnahmen für bessere Kontrollen vor der Einstellung getroffen worden, wäre es für Menschen wie den Everard-Mörder deutlich schwieriger gewesen, einen Job als Polizist zu bekommen, betont HMICFRS im aktuellen Bericht. Menschenverachtende Chatbeiträge und der Griff ins fremde Portemonnaie - was banal klingen mag, offenbart für Experten einen falsch verstandenen Kadergeist.

Mark Rowley soll es richten

Es ist die Aufgabe von Mark Rowley, bei der Behörde aufzuräumen und das Image zu verbessern. Der neue Chef der Met Police folgte auf Cressida Dick, die nach mehreren Skandalen unter ihrer Aufsicht von Londons Bürgermeister Sadiq Khan gefeuert wurde. Doch Rowley steht vor einer Herkulesaufgabe.

Es gibt mehr als 500 nicht aufgeklärte Einbrüche - pro Tag. Nur ein Prozent der angezeigten Vergewaltigungen landet je vor Gericht. «Ein Gefühl der Gesetzlosigkeit und Straflosigkeit verfolgt das Land und ein Gefühl der Krise hat die Polizei erfasst», urteilte jüngst die Zeitung «Telegraph».

Gerne verweist die konservative britische Regierung darauf, dass sie landesweit Tausende neue Polizistinnen und Polizisten eingestellt hat. Doch Tatsache ist, dass sie wenige Jahre zuvor ebenso Tausende Stellen gestrichen hat. «Viel Erfahrung ist verloren gegangen», sagte der ehemalige Londoner Polizist Clifford Baxter dem «Telegraph». Die Moral sei niedrig, vor allem ältere Beamte würden ihre restliche Dienstzeit wie eine Gefängnisstrafe auffassen. «Sie sagen: "Ich muss noch fünf Jahre machen, noch zwei Jahre"», sagte Baxter.

Tief verwurzelter Rassismus

Doch die Probleme innerhalb der Met sind Jahre alt, wie eine unabhängige Untersuchung ergab. Es sei ein Muster und kein Einzelfall gewesen, dass Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegen den Mörder von Sarah Everard ignoriert wurden. Demnach wurde seit 2013 weniger als 1 Prozent der Beamten, denen mindestens zwei Verstöße gegen Standards vorgeworfen wurden, entlassen. Hingegen blieben schätzungsweise Hunderte im Dienst - trotz Anschuldigungen wegen Korruption oder sexueller Belästigung.

Studien, wonach die Wahrscheinlichkeit, dass gegen schwarze Polizisten disziplinarisch vorgegangen wird, 81 Prozent höher ist als bei weißen, deuten auf tief verwurzelten Rassismus hin. Auch außerhalb der Met geraten Schwarze unverhältnismäßig oft als Verdächtige ins Visier, wie etwa Amnesty International kritisiert. Hier hat Commissioner Rowley bereits angesetzt. Jüngst ließ er mehr als 1000 junge, schwarze Männer von einer Polizeiliste mutmaßlicher Gang-Mitglieder streichen. Sie hätten nie dort hingehört.


Bildnachweis: © Yui Mok/PA Wire/dpa
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