9. September 2022 / Allgemeines

Verteidigung hält tödlichen Maskenstreit nicht für Mord

Vor knapp einem Jahr tötete ein 50-Jähriger einen Tankstellen-Mitarbeiter nach einem Streit um die Corona-Maskenpflicht. Die Staatsanwaltschaft spricht von Mord - die Verteidigung sieht das anders.

Blumen und Kerzen erinnern an den erschossenen Tankstellen-Mitarbeiter.
von dpa

Im Prozess um den tödlichen Schuss auf einen Tankstellen-Mitarbeiter im Streit um die Corona-Maskenpflicht hat die Verteidigung den Tatvorwurf des Mordes zurückgewiesen.

Anders als die Staatsanwaltschaft sah Verteidiger Alexander Klein die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe nicht erfüllt. Vor dem Landgericht Bad Kreuznach plädierte er am Freitag auf Totschlag mit erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit des zur Tat alkoholisierten Angeklagten. Ein Strafmaß nannte Klein nicht.

«Die Frage der Mordmerkmale ist die, die uns in dem Prozess umgetrieben hat. Die Täterschaft stand von Anfang an fest», sagte der Verteidiger. Gegen den Vorwurf der niedrigen Beweggründe spreche aus seiner Sicht, dass das Opfer «nicht willkürlich» ausgewählt worden sei, sagte der Verteidiger unter Hinweis auf den den Schüssen vorausgegangenen Streit um das Tragen der Corona-Maske weiter.

Zwei Promille Alkohol

Klein argumentierte, Willkür liege beispielsweise vor, wenn jemand seinen Führerschein verliere und dann wahllos ein Opfer auf der Straße überfahre. Doch vor dem Schuss, der am 18. September 2021 an einer Tankstelle im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein abgefeuert wurde, habe es eine «Interaktion zwischen Opfer und Täter» gegeben. Auch liege kein «heimtückisches Verhalten» des Angeklagten vor.

Ähnlich bewertete auch der zweite Verteidiger, Axel Küster, die Tat. Der Angeklagte, der bis zu der Tat ein unbescholtenes Leben ohne Vorstrafen geführt habe, sei wegen der gut zwei Promille Alkohol, die er im Blut gehabt habe, nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen. Nach Küsters Ansicht ging es bei dem gezielten Schuss auf den Kopf des Kassierers nicht darum, dass der Angeklagte sein Opfer «arg- und wehrlos» erwischen wollte. «Er hatte doch einen Tunnelblick», sagte Küster.

Eine besondere Schwere der Schuld verneinte er ebenso wie Klein. Diese Bewertung der Staatsanwaltschaft sei fachlich nicht zu rechtfertigen und ein Zeichen der Hilflosigkeit. Oberstaatsanwältin Nicole Frohn habe mit diesem Antrag, den sie in ihrem Plädoyer am vergangenen Montag machte, dem Druck der Öffentlichkeit nachgegeben und gegen den in vielen Medien bereits vorverurteilten Angeklagten das «schärfste Schwert der Justiz» gezogen.

Es tue ihm leid

Sollte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgen und wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängen und dazu noch die besondere Schwere der Schuld feststellen, wäre eine Haftentlassung des heute 50-Jährigen nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, aber in der Praxis so gut wie ausgeschlossen. Das Urteil soll am nächsten Dienstag verkündet werden.

Zum Schluss gab das Gericht dem 50-jährigen Deutschen die Gelegenheit, sich vor dem Urteil noch einmal zu äußern. Er schließe sich seinen Verteidigern an, könne aber nicht viel zu dem Prozess sagen, da er noch nie eine Gerichtsverhandlung erlebt habe, sagte der Angeklagte. Er habe das Vorgehen als teilweise «kalt» empfunden, in dem Prozess sei etwas untergegangen, wie sehr ihm die Tat leid tue. «Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen. Es tut mir furchtbar leid», sagte er mit brüchiger Stimme. Gleich zu Beginn des Prozesses hatte der 50-Jährige den tödlichen Schuss auf den 20 Jahre alten Kassierer eingeräumt und gesagt, er könne sich die Tat bis heute nicht erklären.


Bildnachweis: © Birgit Reichert/dpa/Archiv
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