11. Dezember 2024 / Im Interview

„Unser Liedgut ist unermesslich groß und intensiv“

künstlerischer Leiter des Bachchores und Kantor der Evangelischen Kirchengemeinde im Gespräch mit der GT!nfo

von Sybille Hilgert (Interview und Foto), Auszug aus der gt!nfo (Ausgabe Dezember 2024)

Zur Advents- und Weihnachtszeit gehören Weihnachtslieder einfach dazu. Wir sprachen mit Sigmund Bothmann, künstlerischer Leiter des Bachchores und Kantor der Evangelischen Kirchengemeinde sowie Begründer und Leiter des Knabenchores Gütersloh, über weihnachtliches Liedgut und Singen als Mittel zum Glücklichsein. 

Herr Bothmann, wann gab es die ersten Weihnachtslieder? 
Bothmann: Ich würde sagen, dass es die ersten Weihnachtslieder etwa 50 nach Christus gab. Ich glaube, dass von Anbeginn an in der christlichen Kirche gesungen wurde und damit gab es auch das Weihnachtslied. Denn zum einen fußt die christliche Kirche auf der jüdischen, in der es immer einen Kantor gab und gibt. Er singt Gebete vor, die die Gemeinde nachsingt. Und zum anderen versteht man das gesungene Wort oft besser als das gesprochene Wort. Man darf auch nicht vergessen, dass der Mensch erst singt und dann spricht. Das Singen liegt also ganz tief in jedem Menschen.

Was halten Sie denn für die bekanntesten Weihnachtslieder?
Bothmann: Die bekanntesten Lieder sind auf jeden Fall „Oh, du fröhliche“ und „Stille Nacht, heilige Nacht“. Bei uns werden mittlerweile ja auch viele englische Weihnachts-Lieder gesungen.  Unser Blick geht halt immer nach Amerika, wo Weihnachten ja sehr verkitscht und kommerzialisiert ist. Weihnachten ist auch hier mittlerweile zu einer kommerziellen Veranstaltung geworden. Und das finde ich als Christ und Kirchenmann nicht schön. Ich persönlich finde auch unsere deutschen Weihnachtslieder viel schöner.

Was ist denn das Besondere an Weihnachtsliedern? Was macht ein Weihnachtslied aus?
Bothmann: Oft sind es biblische Erzähllieder, die die Weihnachtsgeschichte schildern. Die Melodien sind sehr eingängig, sie sind gefühlvoll, ohne sentimental zu werden. Ich würde auch sagen, dass wir eine bestimmte Art von Empfindsamkeit haben. Und deshalb sollten wir Veranstaltungen nicht mit ins Englische übertragenen deutschen Weihnachtsliedern bestücken. Unser eigenes Liedgut ist einfach unermesslich groß und intensiv.

Haben Sie ein Lieblingsweihnachtslied?
Bothmann: Ich habe kein Lieblings-Weihnachtslied. Mit dem Knabenchor proben wir schon seit dem Sommer Weihnachtslieder und ich spiele, singe und probe sie alle mit wahnsinniger Freude. Persönlich finde ich es einfach schön, wenn der Weihnachts-Gottesdienst mit „Herbei, Ihr Gläubigen“ anfängt und mit „Oh, du Fröhliche“ endet. So muss ein Weihnachts-Gottesdienst für mich sein.  

Für viele ist Weihnachten mit viel Stress verbunden. Kann Singen da helfen? Ist Singen gesund?
Bothmann: Singen ist immer gesund, nicht nur zur Weihnachtszeit. Das hat zum einen mit der Atemtechnik zu tun, die den ganzen Körper mit einbezieht, der beim Singen das Instrument ist. Und daher gehören Atemübungen als Grundlage des Singens für Sängerinnen und Sänger einfach dazu. Auch beim Yoga oder anderen Entspannungstechniken achtet man auf die Atemtechnik, aber beim Singen passiert das ganz en passant. Es ist wissenschaftlich nachweisbar, dass beim Singen Gefühle transportiert werden. Wenn man leidet und singt, dann geht es einem anschließend besser. Singen bewegt etwas in mir. Genauso wie Lachen. Und wie wir wissen, dass Lachen uns lustiger und fröhlicher macht, so ist das beim Singen auch. Lachen und Singen gehören zusammen.

Beim Singen im Chor kommt noch die soziale Komponente dazu. Die Gemeinschaft der Sängerinnen und Sänger trägt auch zum Glücklichsein bei. In einem Chor wie dem Bachchor finden sich alle Generationen und auch Schichten wieder. Hier hat man Freunde, die man regelmäßig sieht, mit denen man singt und gerne zusammen ist.

Singen ist also ein ganz einfaches Mittel, um gesund und glücklich zu sein?
Ja, aber Singen ist auch ein Mittel, um eine Gesellschaft zusammenzuhalten. Aber der Politik sind Musik und Kultur nicht wichtig, was man in der Pandemie deutlich gemerkt hat. Eine Gesellschaft wird nicht nur durch die Wirtschaft zusammengehalten. Kultur ist wichtig und muss es bleiben. Wir müssen dringend etwas für den Zusammenhalt unseres Landes tun und da ist die Kultur, ist die Musik und das Singen ein ganz wichtiger Motor.  Die Politik tut sich keinen Gefallen, wenn sie die finanziellen Mittel im Kulturbereich weiterhin kürzt.

Herr Bothmann, herzlichen Dank für das Gespräch. 

Musik im Dezember

  • Sonntag, 15. Dezember | 18 Uhr
    Weihnachtskonzert mit Werken von Joseph Haydn sowie alpenländischen und deutschen Weihnachtsliedern
    Bachorchester Gütersloh, Knabenchor Gütersloh
    Martin-Luther-Kirche

  • Sonntag, 22. Dezember | 18 Uhr
    Weihnachtskonzert mit der Messe für zwei vierstimmige Chöre von Frank Martin und Werken von Benjamin Britten, Jan Sandström, Morten Lauridsen und Anton Bruckner
    Bachchor Gütersloh, Gerhard Weinberger – Orgel
    Martin-Luther-Kirche

  • Dienstag, 24. Dezember
    15 Uhr Kinderchristvesper mit dem Knabenchor Gütersloh
    17 Uhr Weihnachtsgottesdienst mit dem Bachchor Gütersloh
    22.30 Uhr Lichtermette mit SolistInnen des Bachchores Gütersloh
    Martin-Luther-Kirche

  • Dienstag, 31. Dezember ½19 Uhr
    Silvesterkonzert mit J.S. Bach „Musikalisches Opfer BWV 1079“
    Nadja Zwiener – Violine, Sigmund Bothmann – Cembalo, und andere Martin-Luther-Kirche

Foto: Sigmund Bothmann spielt, singt und probt alle Weihnachtslieder mit großer Freude. 

→ Auszug aus der gt!nfo (Ausgabe Dezember 2024)

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