28. Mai 2025 / Kreis Gütersloh

Hilfe für Kinder und Jugendliche ist gefährdet

Gütersloh. Das System rund um Hilfeleistungen für Kinder- und Jugendarbeit ist gefährdet – so lautete der Tenor bei...

von Lena Appelbaum

Gütersloh. Das System rund um Hilfeleistungen für Kinder- und Jugendarbeit ist gefährdet – so lautete der Tenor bei einem Austauschtreffen der AG 78 zusammen mit Landtags- und Kreistagsabgeordneten am Freitag, 23. Mai. Akteure der Jugendhilfe berichteten dabei aus Perspektiven der Kindertagesbetreuung, der Jugendämter, der offenen Ganztagsgrundschule, der Kinder- und Jugendarbeit sowie der ambulanten und stationären Hilfen zur Erziehung und schilderten Probleme und Herausforderungen des Alltags. Die aktuelle Situation der Systeme wird insbesondere durch drei Aspekte verschärft: fehlende Fachkräfte, steigende Bedarfslagen mit höherer Komplexität und zunehmende Hilflosigkeit der Akteure durch Bürokratiehürden und finanzielle Engpässe. Die AG 78 ist eine Arbeitsgemeinschaft, in der sich die Träger der Jugendhilfe zusammen mit den Jugendämtern austauschen.

Die Landtagsabgeordneten Raphael Tigges (CDU) und Thorsten Klute (SPD) sowie Kreistagsabgeordnete Christina Wieda (Bündnis 90/ Die Grünen) als Vertretung für die Landtagsabgeordnete Wiebke Brems (Bündnis 90/ Die Grünen) tauschten sich mit der AG 78 zu den lokalen Herausforderungen aus. „Man muss aus der Abwärtsspirale heraus. Wir brauchen ein verlässliches System“, sagt Tigges. Die Politiker richteten den Appell an die Akteurinnen und Akteure, mit akuten Problemen und Handlungsfeldern an sie heranzutreten, damit sie diese auf Landesebene mit in die Diskussionen einbringen können. „Der Handlungsbedarf in den Bildungs- und Betreuungsinstitutionen ist groß. Wir nehmen die Themen von heute mit und stehen für den Austausch zur Verfügung“, sagen die Politiker. Der Finanzierungsdruck seitens des Landes sei jedoch themenübergreifend enorm hoch. Neben der Kinder- und Jugendhilfe seien innere Sicherheit und Verteidigung Themen, die zu Lasten der Haushalte gehen, gleichzeitig aber auch alternativlos seien, erklärte Klute. Das führe dazu, dass das Geld an anderer Stelle fehle.

 

In Zeiten defizitärer Haushaltslagen rücken insbesondere sogenannte freiwillige Leistungen in den Hintergrund. Die Jugendämter berichten, dass insbesondere diese präventiven Ansätze und Maßnahmen wichtig und somit weiterhin relevant seien.

Im Bereich der Kindertagesbetreuung seien Meldepflichten und bürokratische Vorgaben Hürden, die von der eigentlichen pädagogischen Arbeit abhalten. Zudem führt der Personalmangel dazu, dass sich diese Lage weiter verschärft und der Betreuungsschlüssel somit kaum eingehalten werden kann. Eltern verlieren dadurch das Vertrauen in die Betreuung, wodurch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefährdet wird. Das Vermitteln von demokratischen Werten und demokratische Bildung kann durch das wenige Personal kaum noch adäquat erfolgen.

 

Ab 2026 haben Kinder im Grundschulalter einen Anspruch auf ganztägige Betreuung. Zunächst gilt dieser für die erste Klassenstufe und wird in den Folgejahren auf die Klassenstufen zwei bis vier ausgeweitet. Dieser Rechtsanspruch in offenen Ganztagsgrundschulen (OGGS) stellt die Akteure vor weitere Herausforderungen. Die Kinder haben höhere Bedarfe, Eltern höhere Ansprüche, doch das Personal fehlt. Der Bürokratieaufwand sei aber im OGGS-Bereich realisierbar.

 

In der Kinder- und Jugendarbeit führt die angespannte Haushaltslage zu erhöhtem Legitimierungsdruck durch die Bezeichnung ‚freiwillige Leistung‘. Die Akteure betonen die Wichtigkeit und Relevanz und unterstreichen, die Leistungen seien nicht erlässlich. Durch den Mangel an Fachkräften, den wachsenden Bedarfen und den komplexeren Problemlagen ergibt sich ein Ungleichgewicht in den Angeboten.

„Zwar bringt die Kinder- und Jugendarbeit kein Geld ein, trotzdem bietet sie enorme ökonomische Vorteile“, sagt Olga Bünemann, Droste-Haus Verl. „Durch die Kinder- und Jugendarbeit werden die späteren Nachwuchskräfte resilienter und bekommen die wichtigen gesellschaftlichen und demokratischen Werte vermittelt, was für den Arbeitsmarkt unerlässlich ist.“

 

Im Bereich der ambulanten und stationären Hilfen ist die Auslastung bei allen freien Trägern hoch. Im stationären Bereich mangelt es an Plätzen, da in den vergangenen Jahren viele stationäre Plätze abgebaut wurden. Besonders schwierig stellt sich die Platzsuche im Bereich der Inobhutnahmen dar. 

 

Zum Thema: Arbeitsgemeinschaft 78

AG 78 steht für einen Paragraphen. Der § 78 SGB VIII besagt, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine Arbeitsgemeinschaft mit den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe gründen sollen, um Angebote abzustimmen und partnerschaftlich zusammenzuarbeiten. Dazu zählen das Jugendamt des Kreises Gütersloh sowie die Stadtjugendämter Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück und Verl sowie die Vertreter der freien Jugendhilfe aus den Aufgabenbereichen Tageseinrichtungen für Kinder, Kindertagespflege, Kinder- und Jugendarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz, Jugendsozialarbeit/Gemeinwesenarbeit, Ambulante und Stationäre Hilfen zur Erziehung.

Quelle: Kreis Gütersloh - hier Original öffnen (www.kreis-guetersloh.de)


Bildnachweis/Bildinformationen: Trafen sich zum fachlichen Austausch (v. l.): Barbara Grube (Jugendamt Kreis Gütersloh), Frank Kahle-Klusmeier (spi Gütersloh e.V.), Christina Wieda (Kreistag, Bündnis 90/Die Grünen), Andreas Reinhold (Jugendamt Stadt Gütersloh), Beate Scigala-Blatt (Jugendamt Stadt Rheda-Wiedenbrück), Pascal Sturm (Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW), Raphael Tigges (Landtag, CDU), Inga Garten (Jugendamt Kreis Gütersloh), Thorsten Klute (Landtag, SPD), Berit Rürup (Jugendamt Stadt Verl), Johannes Silge (Stiftung Bethel), Adolf Salmen (Jugendwerk Rietberg) und Olga Bünemann (Droste-Haus Verl)

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