18. August 2022 / Allgemeines

Tickende Zeitbomben: Forscher warnen vor Vulkanausbrüchen

Wissenschaftler warnen eindringlich davor, die Gefahr eines massiven Vulkanausbruchs noch immer sträflich zu vernachlässigen. Das könnte womöglich drastische Folgen haben.

von Christoph Meyer, dpa

Ein massiver Vulkanausbruch könnte die Welt in eine Krise von ähnlichem finanziellem Ausmaß stürzen wie die Corona-Pandemie. Davor warnen Wissenschaftler des Centre for the Study of Existential Risk (CSER) an der Universität Cambridge und von der Uni Birmingham.

In einem Paper, das die Forscher im Fachmagazin «Nature» veröffentlichten, mahnen sie eindringlich, die Gefahr ernst zu nehmen und mehr Geld in die Beobachtung von Vulkanen und die Vorbereitung auf den Ernstfall zu stecken. Die Welt sei «bedauernswert unvorbereitet» für einen massiven Vulkanausbruch und die wahrscheinlichen Folgen für globale Lieferketten, Klima und Nahrungsmittel, heißt es darin.

Den Wissenschaftlern zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Ausbruch der Stärke 7 oder größer in 100 Jahren bei einem Sechstel. Die Analyse von Schwefelkonzentrationen in Eisbohrkernen ergab demnach, dass solche Ausbrüche statistisch gesehen alle 625 Jahre auftreten.

Extreme Klimaveränderungen möglich

Eruptionen dieses Ausmaßes hätten in der Vergangenheit abrupte Klimaveränderungen und den Kollaps ganzer Zivilisationen ausgelöst, warnte die Risiko-Expertin Lara Mani vom CSER einer Mitteilung zufolge. Sie vergleicht die klimatischen Folgen eines massiven Vulkanausbruchs mit dem Einschlag eines Asteroiden von einem Kilometer Durchmesser auf der Erde.

Obwohl das kombinierte Risiko einer Asteroiden- oder Kometenkollision mit der Erde nur ein Hundertstel der eines massiven Vulkanausbruchs betrage, werde sehr viel mehr Geld in die Beobachtung von Asteroiden gesteckt als in die Erforschung von Vulkanen, bemängeln die Forscher. «Das muss sich dringend ändern. Wir unterschätzen das Risiko für unsere Gesellschaften durch Vulkane massiv», sagte Mani.

Als Weckruf sollte den Forschern zufolge der Ausbruch auf der Südseeinsel Tonga im Januar dieses Jahres dienen. Hätte sie länger angedauert, mehr Asche und Gas emittiert oder in einer Region mit mehr kritischer Infrastruktur stattgefunden, wie dem Mittelmeer, wären die Folgen wohl verheerend gewesen, so die Wissenschaftler.

Hungersnöte und Epidemien als Folge

Der letzte Ausbruch der Stärke 7 ereignete sich im Jahr 1815 in Indonesien und hatte dramatische klimatische Folgen, die auch in Europa zu spüren waren und zu Hungersnöten, gewaltsamen Aufständen und Epidemien führten. Das auf diesen Ausbruch des Vulkans Tambora folgende Jahr 1816 wird auch als «Jahr ohne Sommer» bezeichnet. «Wir leben jetzt in einer Welt mit der achtfachen Bevölkerung und dem vierzigfachen Handel von damals. Unsere komplexen Netzwerke könnten uns noch empfindlicher machen für die Erschütterungen eines großen Ausbruchs», sagte Co-Autor Mike Cassidy und Vulkanologe von der Universität Birmingham.

Abhilfe erhoffen sich die Experten von einer besseren Überwachung vulkanischer Aktivität und der Erforschung von Methoden, um Ausbrüche und ihre Folgen abzumildern. Beispielsweise fordern sie einen Satelliten, der nur für die Überwachung vulkanischer Aktivitäten bestimmt ist.

Die Forscher warnen, es könne noch Dutzende gefährliche Vulkane geben, von denen die Menschheit nichts wisse, besonders in bisher von der Wissenschaft vernachlässigten Regionen wie Südostasien. Bei weniger als einem Drittel der Vulkanausbrüche seit 1950 seien Seismometer zur Erfassung der Bodenschwingungen in der Nähe gewesen und wiederum nur ein Drittel der erfassten Daten sei bislang in eine globale Datenbank eingeflossen.

Zudem mahnen sie mehr Forschung in Geo-Engineering-Methoden an, um beispielsweise von Vulkanen ausgestoßenen Aerosolen etwas entgegenzusetzen oder Magma-Kammern unter aktiven Vulkanen zu beeinflussen. Das Risiko für einen massiven Ausbruchs, der die globale Gesellschaft zerstöre, sei erheblich, sagte Mani und fügte hinzu, der aktuelle Mangel an Investitionen sei «einfach verantwortungslos».


Bildnachweis: © Tonga Geological Services/ZUMA Press Wire Service/dpa
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