10. Oktober 2021 / Allgemeines

Bundespräsident spricht Menschen im Ahrtal Mut zu

Der Geruch von feuchtem Mauerwerk liegt in der Luft. Die Geschäfte in Ahrweiler zeigen die Spuren der Verwüstung. Aber beim Besuch des Bundespräsidenten gibt es auch Zeichen der Hoffnung.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Ufer der Ahr in Ahrweiler.
von Peter Zschunke, dpa

Fast drei Monate nach der Flutkatastrophe im Ahrtal hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Bewohner und Helfer getroffen und ihnen Mut zugesprochen. «Wir werden euch nicht vergessen», versprach er den Menschen der Region.

Die stellvertretende rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Anne Spiegel (Grüne) dankte im Namen der Landesregierung für den Besuch, der «ein sehr, sehr wichtiges Signal» sei. «Das Maß der Zerstörung wird erst richtig klar, wenn man hier in den Straßen einen Blick in die Häuser wirft», sagte das Staatsoberhaupt am Sonntag sichtlich betroffen nach einem Gang durch die historische Altstadt von Ahrweiler. Auch an diesem sonnigen Tag sei «die Erinnerung an den Tod nicht verblasst», fügte er am Obertor der alten Stadtmauer hinzu, ehe er in die Winzergemeinde Mayschoß und zu einem Gespräch mit Helfern nach Grafschaft weiterfuhr.

Sein Weg durch den ehemals so idyllischen Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler begann an der Straßenbrücke, die in der Nacht vom 14. zum 15. Juli in der Wucht der nach extremem Starkregen durch das Tal drückenden Wassermassen zerbrach. Dort ist inzwischen eine Behelfsbrücke eingerichtet. Danach lief der Bundespräsident zum Marktplatz - in der Luft lag noch der Geruch von feuchtem Mauerwerk, aus beschädigten Häusern und Geschäften mit Inschriften wie «Wir machen weiter» oder «1000 Dank an die Helfer».

Auf dem Marktplatz ging Steinmeier spontan auf den Stand der privaten Initiative «Heute für morgen» zu und sprach mit der Helferin Tamara Segers aus Havixbeck bei Münster, die dort mit ihrem Mann und Freunden einen ständigen Anlaufpunkt für praktische Hilfe und Gespräche bei Kaffee und Kuchen eingerichtet hat. Sie habe sich über das unerwartete Gespräch mit Steinmeier gefreut, sagte Segers. «Den Menschen ist es wichtig, dass sie nicht vergessen werden.»

Im benachbarten Pfarrbüro der Kirche St. Laurentius traf sich der Bundespräsident mit zwei Ehepaaren, die in der Flut Angehörige verloren haben. Auf dem weiteren Weg wurde er von Bewohnern begrüßt und ins Haus gebeten.

Hoffen auf Rückkehr der Touristen

«Es ist wenig von Vorwürfen zu hören», sagte Steinmeier danach. Natürlich sei das System der Katastrophenwarnung ein Thema. Aber im Vordergrund stehe die Trauer - und die Alltagsbewältigung mit Blick auf den nahenden Winter. Er hoffe, dass es wenigstens provisorische Lösungen für alle gebe, die noch ohne Heizung und Stromversorgung seien.

Klimaschutzministerin Spiegel sprach von Signalen der Hoffnung und bekräftigte die Zusage der Unterstützung für die betroffenen Kommunen und die dort lebenden Menschen. Der Wiederaufbau müsse «schnell, nachhaltig und klimaresilient» vorangehen.

Den Besuch des Bundespräsidenten verfolgte auch der Antiquar Wolfgang Huste, dessen Laden in Ahrweiler von der Flut zerstört wurde. Zusammen mit seiner Partnerin hilft er an einem Stand an der Behelfsbrücke, wo Lebensmittel und Kleidung ausgegeben werden. Er hofft auf die Rückkehr der Touristen, die vor der Katastrophe 80 Prozent zu seinem Umsatz beitrugen. Dann will er mit der erhofften Unterstützung neue Regale und Vitrinen kaufen. «Wenn alles gut geht mit den Handwerkern, können wir im März oder April wieder in den Laden zurückkehren.»

Am 1. September hatte Steinmeier am Staatsakt für die Opfer der Hochwasserkatastrophe teilgenommen. Damals sagte er am Nürburgring, es gehe nicht allein um Soforthilfe für den Wiederaufbau. «Sie brauchen unsere Hilfe und unsere Aufmerksamkeit nicht nur jetzt, in der akuten Not, sondern für lange Zeit.»

In Rheinland-Pfalz kamen bei dem Hochwasser nach extremem Starkregen am 14. und 15. Juli 133 Menschen im besonders betroffenen Ahrtal und ein Mensch in der Region Trier ums Leben. In Nordrhein-Westfalen verloren 49 Menschen ihr Leben. Dort wurden schwere Schäden unter anderem im Kreis Euskirchen, dem Rhein-Sieg-Kreis und in Teilen des Bergischen Landes angerichtet.


Bildnachweis: © Michael Probst/AP Pool/dpa
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