22. März 2023 / Allgemeines

CDU-Abgeordneter: Amokschütze hätte Waffe abgeben müssen

Hätte der Amoklauf bei einer Versammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg verhindert werden können? Ein Unionspolitiker wirft den Behörden in der Hansestadt Unverantwortlichkeit vor.

Blumen und Kerzen erinnern vor dem Eingangsbereich des Gemeindehauses in Hamburg an die Opfer der Amoktat.
von dpa

Die Amoktat in einer Hamburger Gemeinde der Zeugen Jehovas bietet aus Sicht des Innenpolitikers Marc Henrichmann (CDU) keinen Anlass für eine Verschärfung des Waffenrechts. Sie werfe vielmehr ein Schlaglicht auf Versäumnisse der lokalen Behörden im Umgang mit dem späteren Schützen, für dessen mangelnde Zuverlässigkeit es mehrere Anhaltspunkte gegeben habe, sagte der Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur.

«Es ist unverantwortlich, dass die Hamburger Behörden dem Täter die waffenrechtliche Erlaubnis nicht entzogen haben», sagte Henrichmann. «Unsere Waffengesetze bieten alle Möglichkeiten, bei psychischen Auffälligkeiten die Waffen sofort einzuziehen - bis der Sachverhalt geklärt ist.»

Wirre religiöse Thesen mit Holocaust-Bezug

Am 9. März hatte Philipp F. in Hamburg sieben Menschen - darunter ein ungeborenes Kind - mit Schüssen aus einer halbautomatischen Pistole getötet und sich danach selbst umgebracht. Neun Menschen wurden verletzt. Der Sportschütze hatte ein Buch veröffentlicht, in dem er wirre religiöse Thesen auch im Zusammenhang mit dem Holocaust äußert.

Ein anonymer Hinweisgeber hatte zwei Monate vor der Tat auf eine mögliche psychische Erkrankung und Gefährlichkeit des 35-Jährigen aufmerksam gemacht und das Buch als Beleg angeführt. Die Polizei sah nach einer Internet-Recherche jedoch keinen Grund, ihm die Waffe abzunehmen. Zwei Beamte der Waffenbehörde stellten bei einer unangekündigten Kontrolle in der Wohnung des Sportschützen nach Angaben der Behörde nichts Auffälliges fest, außer dass eine Patrone nicht vorschriftsgemäß eingeschlossen war.

Zwei Gutachten erstellt

Die Polizei hat Gutachten über das Buch des Amokschützen von Hamburg in Auftrag gegeben. «Es gibt zwei Gutachten zu dem Buch», teilte eine Sprecherin der Polizei mit. Zu den Inhalten äußerte sie sich zunächst nicht. «Wir werden es - da es Gegenstand der Ermittlungen ist - aber nicht offiziell vorstellen.»

Der «Spiegel» hatte zuvor aus einem Gutachten des Extremismusforschers Peter Neumann zitiert. Demnach handelte Philipp F. mutmaßlich aus religiösen Gründen. Neumann sagte dem Nachrichtenmagazin, «Hass auf christliche Religionsgemeinschaften ist das plausibelste Motiv für die Tat von Philipp F.» Der Täter sei «ein religiöser Fanatiker« gewesen, der Wut darüber empfunden habe, dass die Religionsgemeinschaften Gläubigen die Wahrheit vorenthielten.» Diese harsche Kritik ziehe sich wie ein roter Faden durch das Buch.

Neumann betonte in dem Gutachten demnach, sein Fachwissen beschränke sich darauf, «die politisch-ideologische Orientierung von Philipp F. einzuordnen». Dazu hatte die Polizei ihm acht Leitfragen gestellt. Dem «Spiegel» sagte Neumann, das Buch sei «kein Manifest». Es finde sich «kein Hinweis darauf, dass Philipp F. ein Attentat begehen will».

«Zeit Online» zufolge litt der 35 Jahre alte Amokschütze vermutlich an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung und war religiös verblendet. Er habe aber wohl in vollem Bewusstsein gehandelt. Dieses Bild ergebe sich aus einem psychiatrischen Gutachten, das dem Portal vorliegt. Erstellt hatte die 49 Seiten umfassende Analyse demnach der Psychiater Christoph Lenk, der regelmäßig als Gutachter für Strafgerichte die Schuldfähigkeit von Angeklagten einschätzt.

Zeugen Jehovas gedenken der Opfer

Am Samstagnachmittag gedenken die Zeugen Jehovas der Opfer der Amoktat. Die Gedenkfeier finde in der Alsterdorfer Sporthalle statt, teilte ein Sprecher der Zeugen Jehovas mit. Neben den Angehörigen der Hinterbliebenen und der überlebenden Opfer seien 53 Hamburger Gemeinden von Jehovas Zeugen eingeladen sowie Vertreter aus Politik und Behörden. Die Gemeinde in Hamburg-Winterhude bitte um Verständnis, dass die Trauerfeier aus Platzgründen nicht für weitere Besucher geöffnet werden könne.


Bildnachweis: © Christian Charisius/dpa
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